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Weide

  • Literarisch - botanische Beschreibung
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Im Strom des ewigen Lebens wachsen

 

Die Weide streckt sehr früh im Jahr, manchmal bereits im Februar, ihre mit Blütenkätzchen beladenen Zweige in den Himmel. Gleichzeitig entfalten
sich die schmalen Blätter und schillern noch etwas unsicher in der gleißenden Wintersonne. Sie ist eine Botschafterin des Lebens. Jedes Jahr aufs Neue
gehört sie zu den ersten, die den oft noch halbgefrorenen Auwäldern, Uferböschungen und Bachläufen vom Sein und Werden erzählt. Erst ganz
verhalten – ein kaum wahrnehmbares Wispern und Wimmern durchzieht das erwachende Holz –, bricht sich bald schon das Leben Bahn, zügellos,
brachial und nicht zu halten. Wenn dann der noch eisige Winterwind unwillig um die jungen, silbrigen Palmkätzchen faucht, stäubt ein märchenhafter Goldregen zur Erde: ein Siegeszeichen, eine Aufforderung an alle noch in Winterstarre verfallenen
Brüder und Schwestern, es ihr gleich zu tun, ihr nun zu folgen, sich zu entwinden und das Leben zu wagen

 

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Überhitzes sanft abkühlen
 

Der Name der Weide lässt sich auf das indogermanische Wort für biegen, winden, flechten zurückführen und bedeutet so viel wie ein Baum, der Flechtgerten
liefert. Sal leitet sich aus dem Keltischen ab und bedeutet nahe, lis ist das Wasser. Man könnte also sagen ,Weiden „haben immer nahe am Wasser gebaut“. So schnell wie die vor Lebenskraft sprühenden Bäume wachsen, so schnell verrottet auch
ihr altes, weiches Holz. Damit ist der Baum ein Sinnbild dafür, dass aus einer vermeintlichen Schwäche schnell wieder eine Stärke werden kann.
Aus den walzenförmigen, goldgelben Weidenkätzchen lässt sich ein heilsamer Tee machen. Er schmeckt süßlich und kühlt wie frisches Quellwasser 
erhitzte und aufgedrehte Gemüter. Es kommen dabei durchaus Gefühle auf, die so sanft und freudevoll sind wie die silberweißen, flaumigen Kätzchen aussehen. Vor dem Schlafengehen getrunken beruhigt ein Weidenkätzchentee vom Stress und
der Aufregung des Tages und führt auf leichte Weise in traumschöne Gefilde.

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Mondbaum für fließende Träume
 

Die Weide erscheint uns so verträumt wie der Vollmond, wenn er den Himmel mit seinem weis(s)en Licht erleuchtet. Sie ist ein Kind des Wassers, cheint ihm seine Zweige entgegenzustrecken, um das von seiner Oberfläche reflektierte Licht einzufangen. Sie gehört zu den sieben heiligen Bäumen des keltischen Hains. Unter den Planeten wurde sie von altersher dem Mond – und damit dem Montag – zugeordnet, denn wie der mythische Baum, der an Flüssen und Seen zu finden ist, hat auch der Mond mit dem Wasser zu tun. Er gilt als Hüter der Gewässer. Er verkörpert das Prinzip des Feuchten, und seine Wanderung wird in Verbindung
gebracht mit Flüssen und Fluten und den ezeiten des Meeres. Unübertrefflich wird dies vom antiken Dichter Apuleius beschrieben, der angesichts eines Vollmondaufganges am Meer ins Schwärmen gerät:


Die Majestät dieses hehren Wesens erfüllte mich
mit tiefer Ehrfurcht, und überzeugt, dass alle
menschlichen Dinge durch seine Allmacht regiert
werden, überzeugt, dass nicht nur alle Gattungen
zahmer und wilder Tiere, sondern auch die leblosen
Geschöpfe durch den unbegreiflichen Einfluss seines
Lichtes fortdauern, ja dass selbst alle Körper
auf Erden, im Himmel und im Meere in vollkommener
Übereinstimmung mit diesem ab- und
zunehmen, so bediente ich mich der feierlichen
Stille der Nacht, mein Gebet an das holdselige Bild
dieser hilfreichen Gottheit zu verrichten.

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